Liebe Behandler, liebe Behandlerinnen,

wir freuen uns, dass Sie sich für die klinische Studie CARE interessieren und möchten Ihnen Informationen zum Hintergrund und den Rahmenbedingungen der Studie, der dort stattfindenden Diagnostik sowie der sich daran anschließenden Behandlung für Patient*innen (Alter 16 – 40 Jahre) mit einem erhöhten Psychoserisiko in CARE geben.

Hintergrund

Einführung und wissenschaftlicher Hintergrund

CARE steht für „Computer-assistierte Risiko-Evaluation und risikoadaptierte Behandlung bei erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Psychose“. Es handelt sich um ein neues ambulantes Versorgungsangebot (auch genannt: „neue Versorgungsform“), das hinsichtlich seiner Wirksamkeit in einer klinischen Studie untersucht wird. Die Förderung dieser Studie erfolgt durch den Innovationsfonds des gemeinsamen Bundesausschusses. Die Projektleitung liegt bei der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Etwa 25-30% der Menschen in Deutschland leiden jedes Jahr an einer psychischen Störung, darunter ca. 2,5-3,0% an einer psychotischen Störung.

Psychotische Störungen entwickeln sich meist schleichend über mehrere Jahre, wobei bereits die ersten unspezifischen Symptome die betroffenen Personen subjektiv belasten, mit Einbußen im psychosozialen Funktionsniveau verbunden sind und zu einem sozialen Rückzug führen können.

Betroffene suchen oft schon früh Hilfe, finden aber selten zeitnah ein spezialisiertes Behandlungsangebot, da die ersten Symptome meist unspezifisch sind und nicht immer sofort als solche erkannt werden. Da für die Früherkennung von Psychosen geschulte Diagnostiker*innen nötig sind, kommt es in Deutschland immer noch zu erheblichen Verzögerungen in der Behandlung der betroffenen Personen. Durchschnittlich dauert es ca. vier Jahre bis die Personen mit einem erhöhten Psychoserisiko ein spezialisiertes Behandlungsangebot erhalten.

Für die Früherkennung von Psychosen wurden in den vergangenen 25 Jahren Kriterien für ein klinisch erhöhtes Psychoserisiko (CHR; clinical high risk) entwickelt.

Von den Personen, die ein erhöhtes Psychoserisiko aufweisen, entwickeln bis zu 30% der Betroffenen in den folgenden drei Jahren eine Psychose, wenn keine angemessene Behandlung erfolgt.

Hierzu ein Vergleich: Im gleichen Zeitraum entwickeln weniger als 0,1% der Personen aus der Allgemeinbevölkerung eine Psychose. Personen mit einem erhöhten Psychoserisiko, die keine Behandlung in Anspruch nehmen, haben somit ein 200- bis 300-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Psychose. Im Einzelfall kann die tatsächliche Höhe des Risikos jedoch erheblich schwanken.

Studie

Studiendesign

CARE stellt ein Forschungsprojekt dar, das als klinische Prüfung in Form einer multizentrischen, randomisiert-kontrollierten Studie durchgeführt wird, d.h. die teilnehmenden Personen werden nach ihrer Einwilligung zufällig neuen Versorgungsform CARE (aktive CARE-Studiengruppe) oder der bisherigen Regelversorgung zugeteilt. Die Teilnahme an CARE ist für Ihre Patienten und Patientinnen freiwillig und kostenlos. Klinische Prüfungen sind notwendig, um Erkenntnisse über die Wirksamkeit, Sicherheit, Eignung und Leistungsfähigkeit von neuen Versorgungsangeboten zu gewinnen oder zu erweitern. An dieser Stelle ist es wichtig zu verdeutlichen, dass die Patient*innen in der neuen Versorgungsform keinen unmittelbaren Vorteil gegenüber der Gruppe der Regelversorgung haben, da der Nachweis der Überlegenheit dieser neuen Versorgungsform erst erbracht werden muss. Umgekehrt sind die Patient*innen aus der Gruppe der Regelversorgung nicht unbedingt im Nachteil, da der Zugang zu allen gängigen Gesundheitsleistungen (Psychotherapie, Medikation) während der Studienteilnahme für alle Teilnehmer*innen aus beiden Gruppen erhalten bleibt.

Die klinische Prüfung untersucht die Überlegenheit der Therapieform und findet statt, bevor CARE als Leistung in die Regelversorgung integriert werden kann. Die klinische Prüfung von CARE wurde von der Ethikkommission der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf positiv bewertet und beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angezeigt.

In der aktiven CARE-Studiengruppe erfolgt neben einer vertieften klinischen Diagnostik eine individuelle Risikoeinschätzung durch computer-gestützte Verfahren basierend auf Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) (sog. Algorithmen). Diese KI-Algorithmen verwenden dabei klinisch relevante Informationen, um Vorhersagen in den folgenden 12 Monaten zu treffen über das persönliche Risiko, eine Psychose zu entwickeln und Funktionseinbußen im Alltag zu erleiden.

Das medizinische Ziel des aktiven Studienarms der ambulanten strukturierten Versorgungsform besteht also darin, mit diesen Maßnahmen bei Patienten und Patientinnen den Ausbruch einer Psychose zu verhindern und das soziale und berufliche Leistungsniveau zu verbessern.

Alle laufenden Behandlungen bei Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen können fortgesetzt werden. Bestehende Behandlungen bei Ihnen können fortgesetzt werden. Die Versorgung in CARE versteht sich als ein spezialisiertes, zeitlich begrenztes Zusatzangebot für die Patientinnen und Patienten.

In der anderen Studiengruppe wird die aktuell übliche Standardbehandlung der Regelversorgung weitergeführt. Es können neue Behandlungen begonnen oder bestehende Behandlungen fortgesetzt werden.

Computer-gestützte Verfahren

Welche Rolle spielt der Einsatz der computer-gestützten Verfahren in der Studie CARE

Das neue Versorgungsangebot nutzt erstmals eine computer-gestützte individuelle Risikoabschätzung von Personen mit einem erhöhten Psychoserisiko, um die Behandler*innen zukünftig in ihren Behandlungs-Entscheidungen zu unterstützen.

Hier wird erstmalig ein auf Künstlicher Intelligenz basierendes algorithmisches System zur Prognosefindung im Bereich der frühen Erkennung von Psychosen verwendet. Dieses System wurde in langer Forschungsarbeit von hier beteiligten Wissenschaftler*innen für die praktische klinische Versorgung entwickelt. Das algorithmische System verwendet die Datenbank eines großen europäischen Vorläufer-Projektes PRONIA. Die in PRONIA gewonnenen Daten werden als Ausgangsbasis für die klinische Vorhersage eines Übergangs in eine Psychose und eine Abschätzung über den Verlauf des Funktionsniveaus für den einzelnen Patienten in der Studie CARE erstmals angewendet. Dabei werden klinische Informationen, zerebrale Magnetresonanztomographie und die Ergebnisse einer neuropsychologischen Testung für die Vorhersage genutzt.

Dieses Risikoprofil umfasst für den einzelnen Patienten die individuelle Abschätzung darüber ob er oder sie innerhalb der nächsten 12 Monate

(a) an einer Psychose zu erkranken und

(b) Funktionseinbußen im Alltag zu erleiden.

Mit Unterstützung dieser zusätzlichen Information des computer-gestützten Risikoprofils wird es den Behandler*innen durch CARE ermöglicht, eine spezifische psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zusammenzustellen, die an die Situation der Betroffenen individuell angepasst ist.

Uns ist es wichtig Ihnen zu vermitteln, dass das ermittelte Risikoprofil eine zusätzliche Information in Form eines Befundes ist. Dies ist für das Fach der Psychiatrie und Psychotherapie Neuland, reiht sich jedoch ein in alle anderen technischen Untersuchungen in der Medizin. Es dient als Zusatzinformation im Rahmen des neuen Versorgungsangebotes, dessen Wirksamkeit in unserer Studie CARE geprüft wird.

Protagonisten der Ausrichtung jeder Behandlung bleiben Behandler*innen und Patient*innen.

In Ergänzung sind alle Empfehlungen zur spezifischen quasi präventiven Behandlung selbstverständlich auf den bewährten Grundlagen der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt und alle Entscheidungen werden mit dem/der Patientin gemeinsam getroffen.

Die computer-gestützte Diagnostik ist ein Medizinprodukt. Aus diesem Grund erfolgt die klinische Studie CARE unter den strengen rechtlichen Auflagen und Regularien einer Medizinproduktestudie.

CHR

Was sind psychotische Störungen?

Der Begriff psychotische Störungen beschreibt eine Gruppe von psychischen Störungen, die eigenständig, aber auch im Zusammenhang mit depressiven oder manischen Störungen oder mit dem Gebrauch psychotroper Substanzen (z.B. Cannabis, Amphetamine, LSD, psilocybinhaltige Pilze) einhergehen können. Es lassen sich somit die aktuell gültigen ICD10 Diagnosen hier aufführen: F2.x; F25.x, F32.2.

Gemeinsam haben die psychotischen Störungen, dass die Ich-Umwelt-Grenze verwischt wird (sogenannte Ich-Störungen). Die Wahrnehmung und Interpretation der Welt kann bei den betroffenen Personen so stark verändert sein, dass sie von der Realität und Richtigkeit ihrer Wahrnehmung und Interpretation vollkommen überzeugt sind (Halluzinationen und Wahn). Zudem kann es zu ausgeprägten Veränderungen im Denken kommen (formale Denkstörungen). Halluzinationen, Wahn (inklusive der Ich-Störungen) und formale Denkstörungen bilden zusammen die Positivsymptome.

Psychosen gehören in Deutschland zu den schwerwiegendsten und kostenintensivsten psychischen Störungen mit hoher Chronifizierungsrate. Die Symptome treten typischerweise erstmals in der Adoleszenz oder im (jungen) Erwachsenenalter auf und entwickeln sich schleichend über durchschnittlich fünfeinhalb Jahre (Prodromalphase). Bereits in dieser frühen Phase können unspezifische Symptome, von denen vor allem eigenartige, oft zunächst nur von den Betroffenen Personen selbsterlebte Störungen bei Denkprozessen oder ungewöhnliche Ideen, Eindrücke und Wahrnehmungen erste Hinweise auf eine mögliche beginnende psychotische Erstepisode sein.

Was verstehen wir unter einem „erhöhten Psychoserisiko“?

Ein erhöhtes Psychoserisiko ist bisher in den Forschungskriterien der DSM Klassifikation anerkannt.

Um ein erhöhtes Psychoserisiko (engl: Clinical High Risk state) diagnostizieren zu können, werden in der Wissenschaft drei Kriterien empfohlen, die miteinander, aber auch einzeln vorliegen können. Diese Kriterien beinhalten:

  • Abgeschwächte psychotische Symptome (auch APS genannt): Das sind Symptome, die den Positivsymptomen einer Psychose (Wahn, Halluzinationen, Denkstörungen) ähneln, die aber noch nicht wie bei einer manifesten Psychose mit voller Überzeugung gehalten werden, so dass eine Distanzierung noch möglich ist. Zudem sollten sie zur Abgrenzung ggü. schizotypen Merkmalen im letzten Jahr neu aufgetreten oder verhaltensrelevanter geworden sein bzw. mit stärkerer Überzeugung gehalten werden.

Beispiele für Abgeschwächte Psychotische Symptome (APS) sind:

Ungewöhnliche Ideen und Eindrücke, die noch als unzutreffend erkannt und angezweifelt werden können, aber auch schon zur Folge haben können, dass sich Betroffene anders verhalten. Hierzu zählen z.B.:

  • Der Gedanke, dass die betroffene Person Anderen nicht mehr vertrauen kann, ohne dass die betroffene Person einen konkreten Grund dafür benennen könnte.
  • Der Gedanke, dass andere Personen etwas gegen die betroffene Person planen oder dass die betroffene Person verfolgt oder beobachtet wird.
  • Der Gedanke, dass alle anderen Personen, unabhängig davon, ob die betroffene Person diese kennt oder nicht, sich ganz besonders für die betroffene Person interessieren und sie z.B. auf der Straße anstarren.
  • Der Eindruck, dass andere Personen die Gedanken der betroffenen Person lesen oder Gedanken auf irgendeine andere Weise kennen könnten, oder der Eindruck, dass die betroffene Person die Gedanken von anderen Personen lesen könnte.
  • Der Eindruck, dass die Gedanken der betroffenen Person zum Teil nicht die eigenen, sondern fremde Gedanken sind, die der betroffenen Person regelrecht in den Kopf gepflanzt oder gesendet wurde.
  • Die häufige Beschäftigung mit Themen, wie z.B. Geister, Fabelwesen, Vampire, außerirdisches Leben oder auch der Kraft von Gedanken, Hexerei, Magie, Esoterik, Mystik, Geheimbünden, obwohl das Umfeld der betroffenen Person diese Themen sehr ungewöhnlich findet.

Ebenfalls zählen Wahrnehmungsabweichungen oder Halluzinationen dazu, die aber noch als Fehlwahrnehmungen erkannt werden, z.B.:

  • Der fälschliche Eindruck, jemand habe den Namen der betroffenen Person gerufen, obwohl keine andere Person in der Nähe war oder aus dem Fernseher oder Radio jemand zu der betroffenen Person sprach.
  • Das Hören von Stimmen, obwohl niemand da war oder das Umfeld der betroffenen Person die Stimme nicht hören konnte.
  • Das unerwartete Spüren der Anwesenheit einer anderen Person, irgendeiner Macht oder irgendeines Wesens, obwohl die betroffene Person niemanden sehen konnte oder der Eindruck, nicht allein zu sein, obwohl die betroffene Person allein war und ohne bereits befürchtet zu haben, dass da jemand sein könnte.
  • Das Sehen von Dingen, die andere Personen nicht sehen konnten oder von denen die betroffene Person selbst wusste, dass sie eigentlich nicht da waren.

Zudem zählt eine ungewöhnliche Denk- und Sprechweise dazu, bei der die betroffene Person zwar schwieriger, aber inhaltlich noch zu verstehen ist und auf klare Fragen noch eingehen kann. Hierzu würde auch gehören, dass andere Personen oder die betroffene Person Folgendes bemerken:

  • Die betroffene Person springt beim Reden von einem Gedanken zum anderen oder verliert sich in Details, selbst wenn sie etwas möglichst genau erklären oder erzählen will.
  • Die betroffene Person redet drumherum und kommt nicht so recht auf den Punkt, selbst wenn sie etwas möglichst genau erklären oder erzählen will. 

Kurze, mit Unterbrechungen auftretende psychotische Symptome (auch BLIPS genannt):

  • Das sind Positivsymptome, bei denen im Fall von Wahnideen schon mit fester Überzeugung und ohne Zweifel festgehalten wird, egal ob es Gegenbeweise oder Gegenargumente gibt, und bei denen Halluzinationen nicht von realen Wahrnehmungen unterschieden werden können. Im Fall von formalen Denkstörungen sind die Gedankengänge der betroffenen Person zumindest zeitweilig nicht zu verstehen oder unlogisch.
    Im Gegensatz zum Vollbild einer Psychose bestehen die Positivsymptome hier nur kurz und gehen binnen einer Woche zumindest wieder so weit zurück, dass die betroffene Person die eigenen Eindrücke und Erlebnisweisen wieder anzweifeln kann.

Selbsterlebte Störungen in Aufmerksamkeits-, Sprach- und Denkprozessen (auch Basissymptome genannt):

  • Das sind Symptome, die vor allem der betroffenen Person selbst und weniger ihrem Umfeld auffallen. Die Betroffenen kennen diese Symptome von früher oder aus Belastungssituationen so nicht.

Beispiele für selbsterlebte Störungen in Aufmerksamkeits-, Sprach- und Denkprozessen (Basissymptome) sind:

  • Ungewohnte Probleme, die Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge gleichzeitig zu richten, so dass die betroffene Person sich in diesem Moment voll auf das eine oder das andere konzentrieren muss.
  • Der ungewohnte Eindruck, nicht mehr so flüssig und präzise wie gewöhnlich zu sprechen oder länger nachdenken müssen, um die passenden Wörter oder Sätze zu finden. (Namen von Personen sind hier nicht gemeint)
  • Das ungewohnte Verlieren des gedanklichen, roten Fadens und sich Verlieren in unwichtigen Nebenüberlegungen oder zeitweiligem Blockieren oder Abreißen der Gedanken, so dass die betroffene Person ihre Gedanken nicht zu Ende führen kann, selbst wenn sie voll konzentriert, nicht durch irgendetwas abgelenkt und am Thema interessiert ist.
  • Der ungewohnte Kontrollverlust über die eigenen Gedanken, so dass manchmal eine Vielzahl von Gedanken bei der betroffenen Person durch den Kopf schießt, die in keinem Zusammenhang stehen, ohne dass die betroffene Person das Auftauchen immer neuer Gedanken zu immer anderen Themen unterdrücken kann oder nur mit Mühe.

Sollten Sie Patient*innen in Behandlung haben, die einige dieser Symptome bei sich selbst wahrnehmen, zögern Sie nicht mit uns Kontakt aufzunehmen oder ihre Patient*innen an ein Früherkennungszentrum zu überweisen. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Studienteilnahme

Die klinische Diagnostik in CARE

Sie können uns Patient*innen, welche aus Ihrer Sicht für eine solche klinische Studie in Frage kommen, gerne überweisen. Die Eingangsuntersuchung auf das Vorliegen eines erhöhten Psychoserisikos wird in einem Früherkennungszentrum durchgeführt welches an der CARE Studie teilnimmt.

Bei dieser Untersuchung erfolgt im Rahmen der regulären klinischen Diagnostik, außerdem eine Blutentnahme sowie ein MRT des Gehirns zum Ausschluss von somatischen Ursachen.

Wenn der Patient/die Patientin zur Teilnahme an CARE einwilligt, folgen die weiteren Untersuchungen in zwei Schritten:

  • Eine vertiefte Untersuchung, in der eine ausführliche biographische Anamnese inklusive einer möglichen bisherigen Behandlungsgeschichte, die aktuellen psychischen Symptome und Komorbiditäten in strukturierten klinischen Interviews (z.B. Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-5-Störungen – Klinische Version und Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-5 – Persönlichkeitsstörungen) und Fragebögen zum allgemeinen Gesundheitszustand, zur Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen und zu den Einstellungen gegenüber Personen mit psychischen Beschwerden erhoben werden. Zudem erfolgt eine neuropsychologische Testung (u.a. Zahlensymboltest, Auditory Verbal Learning Test, Diagnostic Assessment of Nonverbal Accuracy) am Computer.  
  • Basierend auf dem beschriebenen algorithmischen System zur Entscheidungsfindung erfolgt die Abschätzung des individuellen Risikos für die Entwicklung einer Psychose sowie für die Entwicklung beziehungsweise das Bestehen von Einbußen im psychosozialen Funktionsniveau. Beide Abschätzungen beziehen sich auf die nächsten 12 Monate.

Die Behandlung in CARE

Basierend auf der individuellen Risikoabschätzung erhalten die Patienten eine präventive spezifische Behandlung, die insgesamt 16 bis 24 wöchentliche Termine umfasst. Die Grundlage hierfür bildet die Integrierte Präventive Psychologische Intervention (IPPI), die speziell für das erhöhte Psychoserisiko entwickelt wurde.

Die IPPI umfasst die Module: Stressmanagement, Symptommanagement, Soziale Kognitionen und soziale Kompetenzen.

Das Modul „Stressmanagement“ greift das Vulnerabilitäts-Stress-Modell der Psychoseforschung und -behandlung auf, um es für die Prävention einer Erstmanifestation zu nutzen. Als übergeordnetes Ziel wird den betroffenen Personen vermittelt, dass sie mit Hilfe einer verbesserten Stressbewältigung aktiv auf ihr Risiko Einfluss nehmen können. Die individuellen Schutzfaktoren dienen als Grundlage zur Verstärkung von funktionalen und Reduktion von dysfunktionalen Copingstrategien.

Im Modul „Symptommanagement“ geht es speziell um die individuellen Problembereiche der betroffenen Person bezogen auf ihre Risikosymptomatik. Das Auftreten von Risikosymptomen ist häufig mit Distress und Angst verbunden, da die Krankheitseinsicht und Realitätstestung bei den betroffenen Personen im Gegensatz zu Personen mit einer psychotischen Störung noch erhalten sind. Die Ziele des Moduls „Symptommanagement“ lassen sich zusammenfassen in:

  • Reduktion von Distress sowie von negativen Emotionen, die mit dem Erleben von Risikosymptomen verbunden sind, durch Normalisieren der Erfahrungen und durch die Vermittlung von Erklärungsmodellen für die verschiedenen Risikosymptome
  • Bewusstmachen kognitiver Verzerrungen und des Einflusses auf die Risikosymptome
  • Verbesserung des Umgangs mit Risikosymptomen und Reduktion des Einflusses auf den Alltag
  • Reduktion des Rückzugs- und Vermeidungsverhalten, das häufig mit Risikosymptomen im Zusammenhang steht

Zu der Behandlung der sozial-kognitiven Funktionen im Modul „Soziale Kognitionen und soziale Kompetenzen“ gehören folgende Bereiche: Emotionswahrnehmung und -verarbeitung, Soziale Wahrnehmung, Theory of Mind, Soziale Attributionen) sowie deren kombinierte und alltagsnahe Anwendung in Form von sozialen Fertigkeiten und Kompetenzen.

Im Modul „Soziale Kognitionen und soziale Kompetenzen“ geht es darum, die sozialen und emotionalen Kompetenzen und Fertigkeiten in alltäglichen Interaktionen weiterzuentwickeln und zu trainieren, um eine Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus (z.B. in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Familie) zu erreichen.

Die Behandlung ist an die individuellen Bedürfnisse und psychischen Symptome der betroffenen Person angepasst und modular aufgebaut. Durch die individuelle Risikoabschätzung durch den KI-Algorithmus wird eine Empfehlung für die personalisierte Präventionsbehandlung ausgesprochen.

So kann z.B. bei Personen mit einem gemäß des pronia.ai-Algorithmus hohen individuellen Psychoserisiko der Schwerpunkt auf das Symptom- und Stressmanagement gelegt werden, während bei Personen mit einem gemäß des pronia.ai-Algorithmus hohen individuellen Risiko für Einbußen im psychosozialen Funktionsniveau die Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen sowie Fertigkeiten in alltäglichen Interaktionen fokussiert werden können. Bei Personen mit einem hohen individuellen Risiko in beiden Bereichen können dann die Schwerpunkte der Präventionsbehandlung gleichmäßig gesetzt werden.

Zusätzlich beinhaltet die IPPI in CARE ein Modul zur Selbststigmatisierung. Hier geht es um die Sensibilisierung der betroffenen Person für das Thema Stigmatisierung/Selbststigmatisierung, der Verbesserung der Selbstwahrnehmung für die Stigmatisierung/Selbst-Stigmatisierung, das Herstellen von Zusammenhängen zu den eigenen psychischen Problemen und zum Selbstwertgefühl sowie der Verbesserung des Selbstwertgefühls.

Neben der Präventionsbehandlung gibt es regelmäßige monatliche ärztliche Termine, in denen auch eine begleitende Pharmakotherapie, etwa zur leitliniengemäßen Behandlung von komorbiden Störungen erfolgen kann.

Die Abstimmung mit Ihnen als Behandler des betroffenen Patienten, die an CARE teilnehmen möchte, ist möglich. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

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